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4. Weltanschauliche Schulung
Am 10.II.1933 beendete Hitler eine mehrstündige Ansprache im Stil des Vaterunsers
evangelischer Lesart:
„... Denn ich kann mich nicht lösen von dem Glauben an mein Volk, kann mich nicht lossagen von der Überzeugung, daß diese Nation wieder einst auferstehen wird, kann mich nicht entfernen von der Liebe zu diesem meinen Volk und hege felsenfest die Überzeugung, daß eben doch einmal die Stunde kommt, in der die Millionen, die uns heute hassen, hinter uns stehen und mit uns dann begrüßen werden das gemeinsam geschaffene, mühsam erkämpfte, bitter erworbene neue deutsche Reich der Größe und der Ehre und der Kraft und der Herrlichkeit und der Gerechtigkeit. Amen.“
Aus der Vermengung politischer und religiöser Worte und Formeln liegt für manche Forscher der Schluss nahe, hier manifestiere sich eine politische Religion, ein säkularisiertes Christentum, eine politische Theologie. Nun wusste Hitler natürlich, dass er als Katholik und oberster Chef proletenhafter Schlägertruppen die konservativen, protestantischen und christlichen Eliten gewinnen musste, allen voran den frommen Reichspräsidenten und greisen Feldmarschall Hindenburg, der bis zu seinem Tod im Sommer 1934 den Oberbefehl über die konservative Reichswehr innehatte. Nur vor diesem Hintergrund ist diese Rede Hitlers zu verstehen. Es ist deshalb völlig unverständlich, wie heute elementare Erkenntnisse der politischen Wissenschaft verloren gegangen sind.
„Während im gewöhnlichen Leben jeder Shopkeeper“, so Karl Marx in seiner Deutschen Ideologie, „sehr wohl zwischen dem zu unterschieden weiß, was jemand zu sein vorgibt, und dem, was er wirklich ist, so ist unsere Geschichtsschreibung noch nicht zu dieser trivialen Erkenntnis gekommen. Sie glaubt jeder Epoche aufs Wort, was sie von sich selbst sagt und sich einbildet.“
Man müsste das „noch nicht“ nur durch „nicht mehr“ ersetzen und „jede Epoche“ durch „Adolf Hitler“, dann man stößt auf den Kardinalfehler der heute sich immer stärker durchsetzenden Lehre von der „politischen Theologie“ oder „politischen Religion“. Denn Claus-Ekkehard Bärsch, einer der Wortführer dieser Richtung, entwickelt in „Die politische Religion des Nationalsozialismus“ (München 1998) „Hitlers politische Religion“ ausschließlich aus Zitaten, die er Mein Kampf entnimmt, d.h. einer Schrift, die von Anfang an für die Veröffentlichung bestimmt war und der Selbstdarstellung des „Führers“ diente. Doch Hitler hätte niemals den politischen Einfluss in Deutschland erreicht, wenn er wie sein Kampfgefährte Ludendorff seine religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen ehrlich ausgebreitet hätte.
Was er wirklich dachte und fühlte, enthüllen eher „Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier“, die Dr. Henry Picker herausgegeben hat (Stuttgart 1976) und Goebbels Tagebuchnotizen über Hitlers Weltanschauung oder „Religiosität“, die ich nach der 5bändigen Taschenbuchausgabe von Ralf Georg Reuth (München 1992) zitiere.
So notierte sich Goebbels am 29.4.1941:
„Noch lange Debatten über Vatikan und Christentum. Der Führer ist schärfster Gegner des ganzen Zaubers, aber er verbietet mir doch, aus der Kirche auszutreten. Aus taktischen Gründen. Und für so einen Quatsch bezahle ich nun schon seit über einem Jahrzehnt meine Kirchensteuern. Das schmerzt mich am meisten.“
Und am 29.XII. 1939:
„Der Führer ist tief religiös, aber ganz antichristlich. Er sieht im Christentum ein Verfallssymptom. Mit Recht. Es ist eine Abzweigung der jüdischen Rasse. Man sieht das auch an der Ähnlichkeit religiöser Riten. Beide haben gar kein Verhältnis zum Tier und werden daran letztlich zugrunde gehen. Der Führer ist überzeugter Vegetarier, und zwar aus Grundsatz. Seinen Argumenten kann man nichts Ernsthaftes entgegensetzen. Sie sind durchschlagend. Er hält überhaupt nicht viel vom homo sapiens. Er solle sich nicht so erhaben über das Tier fühlen. Dazu hat er gar keinen Grund. Der Mensch glaubt, er allein habe Verstand, Seele und Sprache. Hat das Tier das nicht auch?“
Hier wird Hitlers eigentliche Weltanschauung deutlich. Und es ist keineswegs schwierig ihre Quelle auszumachen. Alles deutet auf Schopenhauer. Denn dieser war unter den großen deutschen Philosophen der einzige Atheist, der zur Beschreibung seiner weltanschaulichen Position bezeichnenderweise den Ausdruck „Nichtjude“ vorzog.1 Hitler konnte nicht nur ausführlich aus Schopenhauers Werken zitieren,2 er war auch in seiner moralischen Orientierung insofern ein Anhänger des verbitterten Philosophen, als ihm das Leben der Tiere höher stand, als das der Menschen, daher sein Vegetariertum. Zu allem Unglück hat Schopenhauer die vom christlichen Europäer im Gegensatz zu den Indern praktizierte Missachtung tierischen Lebens und Leidens auf das Alte Testament und damit auf die Juden zurückgeführt.3
1 Dieter Just, Das gestörte Weltbild (7.6)
2 Dr. Henry Picker Hitlers Tischgespräche, Stuttgart 1976, S.122
3 Schopenhauer, Parerga II, Kap. 15 Über Religion. Werke (Hübscher) Wiesbaden 1947, Bd. 6, S.393-401
Wo findet sich also das eigentliche Denken der NS-Elite? In der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart erhält man im Online-Katalog unter dem Stichwort „weltanschauliche Schulung“ allerdings nur für den Lesesaal eine Reihe von ca. 30 Aktenordnern mit Blättern für die „weltanschauliche Schulung“ der Ordnungspolizei. Dass sich hier die eigentliche „Religiosität“ der Nationalsozialisten ungeschminkt ablesen lässt, verrät der Vermerk, der sich auf allen diesen Sammlungen loser Blätter findet: „Nur für den Gebrauch innerhalb der Ordnungspolizei.“
Ich habe nun ohne große Mühe allein in einem einzigen dieser 30 Ordner genügend Belege für das esotherische „Wissen“ dieser Machtelite gefunden, die sich aus gutem Grund nicht in die Karten schauen lassen wollte. Im Folgenden gebe ich wichtige Stellen wieder. Rechtschreibfehler habe ich beibehalten.
Nicht das Christentum hat diese Herrenkaste geprägt, wohl aber die Philosophie des deutschen Idealismus, in ihrer ursprünglichen antichristlichen Form.
Der folgende Text zeigt, warum „der Jude“ beschuldigt wurde, die idealistische Überzeugung der Deutschen von der Allmacht ihres „freien Willens“ zu gefährden, die, wie in Goebbels’ berühmter Rede Wollt ihr den totalen Krieg? deutlich wird, trotz großer feindlicher Überlegenheit an Truppen und Moral zum deutschen Endsieg führen sollte. Hier erscheint auch ein Zusammenhang zwischen dem christlichen Glauben an die Allmacht Gottes und der Grundüberzeugung der materialistischen Marxisten von der durchgängigen Bestimmtheit der Geschichte. In beidem erkennen die Schulungsoffiziere die „jüdische Gefahr“.
„Feindliche Angriffe auf unsere seelische Widerstandskraft durch Weissagungen und Prophezeiungen.
... Solche Schwächlinge (gemeint sind die ewig Duldenden und Demütigen) hat es zu allen Zeiten gegeben. Im Orient ist eine solche fatalistische Lebensaufgabe ganz allgemein üblich. Aus dem Orient aber kommt auch der Jude. Der grausame, blindwütige Jehova des Alten Testaments ist ein Gott der Willkür, der dem Menschen keine Freiheit läßt...
In dem Streben, diese Weltherrschaft zu erlangen, hat der Jude im Abendland ein gerissenes System des Aberglaubens aufgebaut, das mit den charakterlosen Schwächlingen in den Völkern rechnet. Auf den verschiedensten Schleichwegen hat er sie mit seinen orientalisch-fatalistischen Anschauungen verseucht. Die Freiheit des Willens hat er ihnen zugunsten der Vorherbestimmung ausgeredet und mit dem religiösen Schlagwort der „Prädestination“ (der Lehre, daß kein Blatt vom Himmel fällt, geschweige denn ein Mensch etwas tut, wenn Gott es in seinem Weltenplan nicht vorher festgesetzt hat) lähmte er die Entschlußkraft der Menschen und Völker. Als aber mit religiösen Dogmen nichts mehr zu erreichen war, legte der Jude dem Begriff des Schicksals raffiniert einen falschen Sinn unter, der ebenfalls die Unabwendbarkeit des Geschehens bezeugte.
(Mitteilungsblätter für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei. Herausgegeben vom Befehlshaber der Ordnungspolizei in Münster (Westfalen)
Gruppe B, 1. Mai 1944, Folge 42
Nur für den Gebrauch innerhalb der Ordnungspolizei.“
Judentum und Christentum wurden, wie der folgende Beitrag zeigt, ganz im Sinne vieler „Aufklärer“ durchaus auf einer Linie gesehen:
„Daß heute in Deutschland noch weithin ein (sic!) betrübliche Unsicherheit in weltanschaulichen Fragen herrscht, wird von zwei Umständen bedingt. Zunächst ist nicht zu vergessen, daß die Reinheit der Rassen in Deutschland während des Laufes von Jahrhunderten sehr gelitten hat. Zweitens aber hat Deutschland furchtbar unter der Einschleppung einer artfremden Weltanschauung, nämlich der jüdischen gelitten, welche von den Kirchen mit rücksichtsloser Gewalt in die Seelen hineingepreßt wurde - unter Verdrängung aller eigenen Vorstellungen bis zur Verfälschung der deutschen Sprache und unter Vernichtung aller Zeugnisse aus der Vorzeit. Der deutsche Mensch ist jahrhundertelang von Kindheit auf in artfremde Vorstellungen hineingezwängt worden, so daß er zu eigenem Denken gar nicht mehr kam - und kam er dazu, so wurde er als „Heide“ und „Ketzer“ verfemt und möglichst ausgerottet. Wenn dabei natürlich auch die Art seine (sic) Weltanschauung nicht geändert werden konnte, so war ihm doch niemals möglich, diese Art auch zur Geltung zu bringen, weil ihm der Ruf des Blutes als „Sünde“ vorgestellt und er angeleitet wurde, durch Selbstbeeinflussung diesen Ruf allmählich zum Schweigen zu bringen.
Dennoch ist die Stimme des Blutes nicht erstorben; sie ist heute lauter geworden denn je und kann nicht mehr übertönt werden.
(Mitteilungsblätter für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei. Herausgegeben vom Befehlshaber der Ordnungspolizei in Münster (Westfalen)
Gruppe B, 20.2.1943, Folge 27/28
Nur für den Gebrauch innerhalb der Ordnungspolizei.“
Trotz seines Irrationalismus appelliert der Nationalsozialist an das Bewusstsein, d.h. auf einen Wert der Philosophie, die sich allerdings - im Gegensatz zu dem oben wiedergegebenen Zeugnis - sehr wohl auch mit dem Christentum verbinden konnte. Aber schließlich hat auch Atheist Stalin im „großen vaterländischen Krieg“ das Bündnis mit der russischen Orthodoxie gesucht.
„Der totale Krieg erstreckt sich auch auf das Seelische....
Das religiöse Sehnen und Suchen vereint sich mit dem entschlossenen Wollen und festen Willen, das Heil in unserer Schicksalszeit selbst zu finden. Versuchen wir diesen Weg zu gehen (...)
Die Einfachheit und Eindringlichkeit der lebensgesetzlichen nationalsozialistischen Weltanschauung zeigt uns den Standwort zur Umwelt, zu uns selbst und zu Gott. Sie erzieht nicht nur zum Kampf gegen Feinde, sondern auch zum Kampf mit sich selbst und in sich selbst. Es ist ein Kampf um Charakterwerte. So unfaßlich das Schicksal als Macht außer uns ist, wir haben mit dieser Macht zu ringen und müssen sie meistern. Es ist nicht ein dumpfe Gewalt, die in uns lebt, und mit uns einfach verfährt. Darum wollen wir bewußt leben, bewußt kämpfen und, wenn es sein muß, auch bewußt sterben. Der Kampf um die Freiheit der blutgegebenen Art ist der Inhalt der politischen und weltanschaulichen Rassenlehre. „Der Rassegedanke beherrscht heute nicht nur die politischen Aufbauarbeit Deutschlands, sondern auch die geistigen Auseinandersetzungen der ganzen Welt.
(Mitteilungsblätter für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei. Herausgegeben vom Befehlshaber der Ordnungspolizei in Münster (Westfalen)
Gruppe B, 20.5.1943, Folge 30
Nur für den Gebrauch innerhalb der Ordnungspolizei.“
In welchem Maße Fichte in seinen Reden an die deutsche Nation die nationalsozialistische Weltanschauung vorbereitet hatte, zeigt der folgende Beitrag über die „Sterblichkeit“ der Seele und die „Unsterblichkeit“ des Volkes bzw. der Rasse. Wir erinnern uns:
„Der Glaube des edlen Menschen an die ewige Fortdauer seiner Wirksamkeit auch auf dieser Erde gründet sich demnach auf die Hoffnung der ewigen Fortdauer des Volks, aus dem er selber sich entwickelt hat, und der Eigentümlichkeit desselben, nach jenem verborgenen Gesetze; ohne Einmischung und Verderben durch irgendein Fremdes und in das Ganze dieser Gesetzgebung nicht Gehöriges. Diese Eigentümlichkeit ist das Ewige, dem er die Ewigkeit seiner selbst und seines Fortwirkens anvertraut, die ewige Ordnung der Dinge, in die er sein Ewiges legt; ihre Fortdauer muß er wollen, denn sie allein ist ihm das entbindende Mittel, wodurch die kurze Spanne seines Lebens hinieden zu fortdauerndem Leben hinieden ausgedehnt wird. Sein Glaube und sein Streben, Unvergängliches zu pflanzen, sein Begriff, in welchem er sein eignes Leben als ein ewige Leben erfaßt, ist das Band, welches zunächst seine Nation, und vermittelst ihrer das ganze Menschengeschlecht innigst mit ihm selber verknüpft, und ihrer aller Bedürfnisse bis ans Ende der Tage, einführt in sein erweitertes Herz. Dies ist seine Liebe zu seinem Volke, zuvörderst achtend, vertrauend, desselben sich freuend, mit der Abstammung daraus sich ehrend. Es ist Göttliches in ihm erschienen, und das Ursprüngliche hat dasselbe gewürdigt, es zu seiner Hülle und zu seinem unmittelbaren Verflößungsmittel in die Welt zu machen; es wird darum auch ferner Göttliches aus ihm hervorbrechen. Sodann tätig, wirksam, sich aufopfernd für dasselbe. Das Leben, bloß als Leben, als Fortsetzen des wechselnden Daseins, hat für ihn ja ohnedies nie Wert gehabt, er hat es nur gewollt als Quelle des Dauernden; aber diese Dauer verspricht ihm allein die selbständige Fortdauer seiner Nation; um diese zu retten, muß er sogar sterben wollen, damit diese lebe, und er in ihr lebe das einzige Leben, das er von je gemocht hat.“
(8.Rede, VII,382f.)
Wir lesen hier die Bibel des deutschen Nationalismus. Das Göttliche erschien im Menschen, an anderer Stelle entwickelt es sich aus ihm (VII, 381) und breitet sich von da durch moralische Selbstaufopferung zunächst in die Nation aus und dann in die Menschheit. Wer bereit ist, sein Leben für die Nation zu opfern, erhält das Prädikat edel, denn Fichte spricht vom Glauben des edlen Menschen an die ewige Fortdauer seiner Wirksamkeit auch auf dieser Erde, die sich auf die Hoffnung der ewigen Fortdauer des Volks gründe. Hier sind die Bezüge zum Kant-Text in Ich denke. Also bin ich nicht (1) auf dieser Website unübersehbar. Gemeint ist die Göttlichkeit des moralischen Menschen.
Neu, d.h. über Kant hinausgehend ist die Verbindung mit deutschem Nationalismus und mit dem preußischen Militarismus. Schon Fichte hat also das ganze deutsche Volk in den Adelsstand der Idealisten erhoben, (Vergl. „Hier wird das ganze deutsche Volk für idealistisch erklärt“ im Fichte-Aufsatz auf dieser Website) allerdings mit einer entscheidenden Ausnahme. Da er nämlich ganz auf der Linie Kants die Juden mit ihrer völlig konträren Gottesvorstellung nicht als Mitglieder einer Religion akzeptierte, sondern als Angehörige eines fremden Volkes, musste er im Judentum „ein Fremdes, in das Ganze dieser (deutschen) Gesetzgebung nicht Gehöriges“ sehen,4 weshalb aus dem oben zitierten Satz Fichtes die Forderung nach Entfernung aller Juden und Sinti-Roma aus dem deutschen Volk abzuleiten wäre.
In die Sprache der Nationalsozialisten übersetzt hieße Fichtes Feststellung: Die Existenz einer fremden Rasse, fremden Blutes im „deutschen Volkskörper“ würde dem deutschen Soldaten, der sich im Felde zu opfern hat, die Hoffnung auf ein ewiges Leben rauben.
So kehrt Fichtes Gedanke in den Schulungen der Ordnungspolizei in folgender Form wieder:
„Weltanschauliche Schulung und Krieg.
... Die Schulung zeigt, daß das Glück der Nation dem Glück des einzelnen vorzugehen hat, ja, das Opfern des Einzelnen fordern muß, um bestehen zu können. Sie zeigt, das (sic) jedes verlorene Einzelleben unverloren in der Nation weiterlebt, die sein Denken, Fühlen und Wesen unverlierbar in sich trägt.“
(Mitteilungsblätter für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei. Herausgegeben vom Befehlshaber der Ordnungspolizei in Münster (Westfalen)
Gruppe B, 1.4.1944, Folge 41
Nur für den Gebrauch innerhalb der Ordnungspolizei.)
(Ähnlich: Mitteilungsblätter für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei. Herausgegeben vom Befehlshaber der Ordnungspolizei in Norwegen, Gruppe B, 20.4.1944, Folge 41)
Der praktische Sinn der Forderung nach Rassenreinheit ergibt sich aus den sexuellen Problemen, die sich aus der Kriegführung ergaben. Da fast alle Männer zuletzt an der Front waren und daheim durch „Fremdarbeiter“ ersetzt wurden, musste Befürchtungen mancher deutscher Soldaten, ihre Frauen und Geliebten könnten so auch sexuellen Ersatz finden, energisch entgegengetreten werden. Aber der „Wert der reinen Rasse“ hat hier noch einen tieferen Sinn. Der einzelne Soldat könne nur dann getrost sein Leben auf dem „Feld der Ehre“ opfern, wenn er in seiner „Rasse“ weiterlebe, was natürlich nur unter der Voraussetzung der „Rassen-Reinheit“ möglich sei, wenn also möglichst alle Deutschen äußerlich und innerlich dem Typ des idealen Deutschen entsprächen. Darauf gründete sich Hitlers Überzeugung von der militärischen Überlegenheit „reiner Rassen“. Mit der christlichen Religion sind diese heute kaum mehr nachvollziehbaren Gedanken nicht vereinbar. Denn wer so denkt, hat den Glauben an die Unsterblichkeit der unverwechselbaren Seele jedes Einzelnen so weit hinter sich gelassen, dass er ihn durch einen biologischen Faktor, durch die „Rasse“ ersetzen will. Den entscheidenden Schritt in die Richtung eines rassistischen Unsterblichkeitsgedankens hat aber Fichte in den Reden an die deutsche Nation getan.
Die berüchtigten Nürnberger Rassegesetze sahen die völlige Entrechtung der Juden vor und stellten auch den Geschlechtsverkehr zwischen Juden und „Ariern“ (Blutschande) unter Strafe. Es ist sicher kein Zufall, dass diese „Juden-Gesetze“ rein zeitlich mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht zusammenfielen. Die Gesetze zur Diskriminierung der Juden wurden am 15.Sept. 1935 auf dem Reichsparteitag in Nürnberg vom gleichgeschalteten Reichstag beschlossen und am folgenden Tag hielt Hitler daselbst seine erste öffentliche Rede an die Soldaten der neuen Wehrmacht. Dabei hat er auf einen engen Zusammenhang beider Maßnahmen, der Verabschiedung der Rassengesetze und der Einführung der Wehrmacht, hingewiesen. Da er aber damals aus außenpolitischen Gründen seine Bereitschaft zum Frieden betonen musste, blieben seine Ausführungen vage.
Waiblingen, 2006 / März 2007
4 Vergl. 8. Der Krieg der Geister um die Werte, Suchwort: tote Natur.
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